Veranstaltung: | 1. LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG GRÜNE JUGEND BRANDENBURG 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | Danilo Zoschnik |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.03.2018, 15:39 |
A8: Beutelsbacher Dissens? Unabhängige Politische Bildung jetzt!
Antragstext
Dieser Antrag soll auf Basis der Beschlusslage „Politische Bildung als
Kernelement demokratischer Kultur stärken“, das Verständnis der GRÜNEN JUGEND
Brandenburg von Politischer Bildung aus normativer Perspektive
ausdifferenzieren.
Die GRÜNE JUGEND Brandenburg fordert die öffentlichen Bildungsträger*innen
Brandenburgs auf, in Kooperation mit dem Landesministerium für Bildung, Jugend
und Sport eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, um den Beutelsbacher Konsens,
der in Deutschland die Leitlinien politischer Bildung vorgibt, unter Beteiligung
aller dafür relevanten Akteur*innen vollumfänglich umzusetzen.
Zu diesem Zweck muss insbesondere die Landeszentrale für Politische Bildung
Brandenburg (lpb) gestärkt werden, die mit nur zehn Mitarbeiterinnen* zwar einen
guten Job macht, allerdings mehr Personal und eine bessere Finanzierung
benötigt, um der Mammutaufgabe einer hochdifferenzierten und breit verfügbaren
politischen Bildungsarbeit für fast zweieinhalb Millionen Menschen gerecht zu
werden. Als zentrales Organ, das für gute Politische Bildung lobbyiert, muss
allerdings auch sie sich in selbstkritischer Art von alten Dogmen und einem
politischen Mainstream emanzipieren, die der eigenen Zielstellung zuwiderlaufen.
Darüber hinaus soll sie bei ihrer inhaltlichen Arbeit,nach Beispiel der Vorstöße
der Bundeszentrale, ihre eigene Einbeziehung externer Aktuer*innen, wie etwa
aktuell feministischer Kirchenvertreterinnen* oder kritischer
Extremismusforscher, beibehalten und weiter ausbauen. Begrüßenswert sind für uns
in jedem Fall auch Initiativen wie das Alternativ-Unterrichtsmaterial für
Lehrkräfte, das attac anbietet um etwa kapitalismuskritischere Akzente bei der
Behdandlung von Wirtschaftsthemen zu setzen. Selbiges gilt für die Partizipation
durch junge Menschen, wie sie im Vorjahr modellhaft für einen Bundestagswahl-
Blog ermöglicht worden ist. Es braucht diese modern-offene Material- und
Referenzkultur, die natürlich auch mit der Bandbreite von Medien unserer Zeit
verbunden sein muss, um einer neuen ambivalenten Sicht und Verdrossenheit
gegenüber Politik zu begegnen, die anders als früher auch von den politischen
Kräften selbst geschürt wird.
Nie zuvor waren die Anforderungen an demokratische Politische Bildung höher.
Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass sie auch in Brandenburg nicht nur
vermeintliche Fakten vermittelt, sondern integrativer, diverser und
konstruktiver wird. Sie muss sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen
orientieren und damit einhergehend ebenfalls mit alten Selbstverständlichkeiten
brechen, die Systemfrage, also jene nach der politischen, wirtschaftlichen,
globalen und digitalen Ordnung,stellen. Und das muss sich wiederfinden: in den
Vorträgen der lpb, den Schulbüchern der Gesamtschulen, den Studiengängen
angehender Lehrkräfte, den Podien wissenschaftlicher Institute – überall wo
Menschen jeden Alters sich politisch interessieren oder einbringen.
Zur Realisation dieses Anspruches fordert die GRÜNE JUGEND Brandenburg:
Die nächste Landesregierung soll einen unabhängigen Politischen
Bildungsbeirat einberufen, der transparent und unter Einbeziehung aller
öffentlichen Bildungsträger*innen, sowie verschiedener
zivilgesellschaftlicher Akteur*innen und Verbandsvertreter*innen in
beratender Funktion die Politische Bildungsarbeit des Landes Brandenburg
mitkoordiniert
Das Curriculum für alle Schulformen muss in Brandenburg nach den
Ansprüchen einer neuen aktivierenden und differenzierten Politischen
Bildung, wie sie im letztjährigen Antrag beschrieben wird, überholt
werden.
Auch wenn im schulischen Kontext selbstverständlich primär das Fach der
Politischen Bildung am Beutelsbacher Konsens ausgerichtet sein muss, ist
es unbedingt notwendig bei der Unterrichtsrealität von
Interdisziplinarität und fächerübergreifenden Inhalten,auch beispielsweise
für Geschichte und Geographie die selben Standards zur Verhinderung von
Indoktrination anzulegen.
Im Studium für die Politische Bildung auf Lehramt an der Universität
Potsdam, soll es künftig ein vom Ministerium gefördertes obligatorisches
Seminar, innerhalb der ersten beiden Fachsemester, geben, dass sich ganz
dezidiert und mit den im Antrag vermittelten Ansprüchen, mit dem
Beutelsbacher Konsens beschäftigt und die Studierenden für ihre
verantwortungsvolle Aufgabe im späteren Beruf sensibilisiert.
Das Minsterium für Bildung, Jugend und Sport soll Schulungsangebote für
Lehrkräfte, Aktive in Verbänden und Vereinen, interessierte Eltern etc.
schaffen, mit denen die aktuell notwendigen Kompetenzen für die
Vermittlung Politischer Bildung ausgebaut und aufgefrischt werden können.
Begründung
Als pluralistischer Verband mit konstruktiver Debattenkultur unterstützen wir ausdrücklich die formulierten Inhalte des sogenannten. „Beutelsbacher Konsens“, der die Ausgestaltung einer politischen Bildung vorsieht, die es leisten soll jede*n zu unabhängiger, reflektierter Meinungsbildung und Argumentation zu befähigen. Bei einem so polarisierenden und politisierten Zeitgeschehen sind diese urdemokratischen Kernkompetenzen unverzichtbar und wichtiger denn je. Diesem selbstauferlegten Anspruch allerdings wird politische Bildung in Brandenburg aber leider bei weitem nicht gerecht! Und er kann auch nicht allein auf die Lehrkräfte für Politische Bildung und einige weniger gut sichtbare Angebote der Lpb abgewälzt werden, weil es sich um eine gesamtgesellschaftliche Kernaufgabe handelt, die existenziell unsere demokratische Lebensweise sichert und schützt. In Zukunft muss es wieder möglich sein den Kapitalismus, das Konzept des Nationalstaates oder jahrhundertelang propagierte aber unwissenschaftliche Vorstellungen von Geschlecht zu hinterfragen, zu diskutieren und die Kontroversität bei Themen wie diesen nicht zu relativieren, denn so können wir der neurechten Bewegung, den Verschwörungstheoretiker*innen, den Feind*innen freier Gesellschaften viel eher den Boden unter den Füßen wegziehen, auch wenn es eine Kraftanstrengung ist. Der Fortbestand progressiver Gesellschaftsideale, Rechtsstaatlichkeit und Einmischungsmöglichkeiten müssen uns all das aber wert sein!
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